Judas

von Lot Vekemans | Dauer: 70 Minuten | Premiere: 16. September 2017

Wer war Judas? Seit fast 2000 Jahren gilt Judas als Verräter. Sein Name ist beschmutzt, geschmäht, gemieden. Er ist verkannt und verbannt. Doch jetzt tritt er auf. Verlangt Gehör. Nicht Rehabilitation, aber eine Gegendarstellung. Er will seine Sicht der Dinge erzählen. Ein letzter Versuch, seine Tat auf das menschliche Maß zu reduzieren.

Wir lassen ihn auftreten. Und zwar nicht irgendwo im Theater, sondern an der Quelle: In der Sakristei, von der Kanzel, auf dem Altar. Ein Psychogramm des Verräters.

Fotos: ©Dorothea Heise


→ Dauer: 70 Minuten

Besetzung

Inszenierung Sebastian Sommer

Bühne und Kostüme Sonja Elena Schroeder

Musik Jan Brauer

Dramaturgie Christian Vilmar

Mit Jan Reinartz

nächste Vorstellungen

Derzeit sind keine weiteren Vorstellungen geplant

pressestimmen

Jan Reinartz tut alles dafür: Er krümmt sich eingezwängt in seinem Rahmen, in dem Bild, in dem er Jahrtausende lang feststeckte, in dem er kaum aufrecht sitzen kann, bekommt Nasenbluten, schreit „Kreuzige Jesus!“ durch das Kirchenschiff und kotzt auf den Steinboden. […] Reinartz Judas ist mal ein gebrochener Mann, mal durchströmt ihn die Selbsterkenntnis, mal ist er komisch und bläst eine Girlande von seiner Gipsplattform in die Luft. Am gelungensten sind die Momente, in denen er sich an sein Publikum richtet, auf Einzelne zeigt und die Frage nach Schuld und Wahrheit stellt. Auch das ist in einer Kirche zusätzlich bedeutsam. Die Technik rückt Judas ins passende Licht – immer mit einem Schatten vor dem erleuchteten Kirchenfenster mit dem gekreuzigten Jesus. Als Judas noch einmal fast mit Stolz seinen Namen sagt, erlischt seine Gestalt im Licht so langsam, wie eine Erinnerung an ein Treffen, von dem man später nicht mehr weiß, ob es wirklich stattgefunden hat. Langer Applaus.

(Valerie Schaub, HNA)

 

Schauspieler Jan Reinartz spielt in der einstündigen Inszenierung diesen so zwiespältigen Judas, diesen Leidenden, der behauptet, keine Vergebung zu wollen. Der zu seiner Tat steht und stolz auf seinen Namen sein will, den seit 2000 Jahren kein Kind mehr trägt. Ihm gelingt es, seinem Judas viel Ambivalenz zu geben und ist damit ganz im Sinne der Autorin Vekemans unterwegs, der es eher um Fragen als um Antworten geht. Reinartz muss in diesem Bühnenbild sehr begrenzt und eingeengt agieren. Viel Körperlichkeit kann er nicht ausspielen in der Enge seines nachtodlichen Daseins. […] Eigentlich naheliegend ist die Idee des JT-Leitungsteams, diesen „Judas“ in einem Kirchenraum über sein wirklich ramponiertes Image räsonieren zu lassen. Mutig die Entscheidung der Kirchenoberen, ihr Gotteshaus dafür zur Verfügung zu stellen. Eine Produktion, die die 60. Spielzeit des JT schmückt.

(Peter Krüger-Lenz, GT)