Deutschland. Ein Wintermärchen

Von Heinrich Heine | Dauer: 120 Minuten | Premiere: 2. November 2019

Der Exilant Heinrich Heine reist durch das volkstümelnde Deutschland, das an seinem Nationalismus zu ersticken droht. Mit seinem bissig satirischen Reisebericht zerlegt er die deutschen Nationalmythen und schreibt zu gleich eine Hymne für ein weltoffenes und freiheitliches Europa. Ein erstaunlich aktueller Text, den man heute im Angesicht der Wahlerfolge nationalistischer Strömungen dringend wieder spielen und lesen muss!

Die perfekte Mischung all jener Elemente, die Heines Dichtung auszeichnen – Klagelied, Satire, Frotzelei, gefälschte Daten und Wege, Rempelei gegen Zeitgenossen und Kampfgesang gegen die Zeit.

Heinrich Heine reiste 1843 nach 13 Jahren Exil in Paris erstmals wieder in die Heimat, die für ihn nie eine war. Diese Reise nach Deutschland nimmt er zum Anlass, ein Panorama der deutschen Zustände zu entwerfen, auf die er mit aller Bissigkeit blickt. Es sind eben die Zustände, die ihn heimatlos machten.

Heines früher Zweifel am Nationalen, der der Rechtfertigung der eigenen Heimatlosigkeit entsprang, wurde zu einer Kritik an der bürgerlichen Gesellschaft schlechthin, und macht Heine zu einem Visionär eines neuen Europas.

Heinrich Heine ist es zeitlebens gelungen ein Einzelgänger zu bleiben. Weder für seine Zeitgenossen noch für die spätere Rezeption war Heine wirklich greifbar. Er ist der getaufte Anti-Nazarener, der den Himmel den Engeln und Spatzen überlassen will, zeitgleich den Atheismus als schlimme Sünde bezeichnet, Marx als gottlosen Selbstgott beschimpft, und den Kommunismus als einzig mögliche Zukunft heraufbeschwört, die er aber keineswegs mehr erleben will, weil sie ihm alles nehmen wird, was ihm lieb und teuer ist. Er ist der aristokratische Revolutionär, der orientalische Hellene und zugleich ein Verehrer Luthers und Napoleons. Er bezeichnet sich selbst als letzten abgedankten Fabelkönig der Romantik und rechnet mit ihr als rückwärtsgewandte reaktionäre Bewegung ab. Heine ist sein eigener Kosmos. Er verweigert sich zeitlebens der ideologischen Einordnung. Dies bewahrt ihn davor, die Gegensätze in einen oberflächlichen Konsens zu führen. Er ist heimatlos und will es bei aller Trauer über diesen Umstand bleiben. Durch diese Verweigerungshaltung ist es ihm möglich das Unmögliche zu denken.

Fotos: ©Dorothea Heise


→ Dauer: 120 Minuten

Besetzung

Inszenierung Tobias Sosinka

Ausstattung Hannah Landes

Mit Katharina Brehl, Jan Reinartz

nächste Vorstellungen

Derzeit sind keine weiteren Vorstellungen geplant

pressestimmen

Reinartz gibt seiner Figur auf beeindruckende Weise mit großer mimischer und spielerischer Bandbreite ausdrucksstark ein Gesicht. Zugleich erbringt er fast ohne Pause eine immense Textleistung. Zur Hilfe kommt ihm dabei Katharina Brehl, die hinreißend, erfrischend quirlig und effizient die emotionale Farbe als weiblicher Kontrapunkt in das Stück einbringt. […] Mit der Adaption von Heines „Wintermärchen“ hat das Junge Theater ein Ausrufezeichen gesetzt. Dem wurde auch der lautstarke, langanhaltende Applaus gerecht.
(Jörg Linnhoff, Göttinger Tageblatt)